Biodiversität braucht Politikwechsel: Faire Rahmenbedingungen für Landwirtschaft und Natur

Das Projekt ‘Insektenfördernde Regionen’ sendet mit einem ‘Call for action’ vier Kernforderungen an die Politik – „Für eine resiliente Landwirtschaft und Lebensmittelbranche brauchen wir mehr als nur Blühstreifen am Feldrand!”

Ein breites Bündnis aus Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie, Naturschutz und Wissenschaft hat heute einen umfassenden „Call for Action” an politische Entscheidungsträger*innen auf EU-, Bundes- und Landesebene versandt. Darin fordern die Unterzeichnenden grundlegende Verbesserungen der Rahmenbedingungen für wirksamen Insekten- und Biodiversitätsschutz auf Landschaftsebene.

Kooperative Ansätze statt Einzelmaßnahmen

„Einzelne Blühstreifen reichen nicht aus, um das dramatische Insektensterben zu stoppen”, erklärt Patrick Trötschler von der Bodensee-Stiftung, Koordinator des EU-LIFE-Projekts „Insektenfördernde Regionen”. „Wir brauchen eine moderne Förderpolitik, die Naturschutzziele und Landwirtschaft besser verbindet. Wir empfehlen kooperative, landschaftsbezogene Förderprogramme, die alle Landnutzungsakteure einbinden.”

Das Positionspapier wurde federführend von den Partnern des LIFE-Projekts erarbeitet – darunter die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, der Global Nature Fund, das Netzwerk Blühende Landschaft und Nestlé Deutschland. Mittlerweile haben über 20 weitere Organisationen aus ganz Europa den Aufruf unterzeichnet, darunter der Deutsche Naturschutzring, Naturland und mehrere Landschaftspflegeverbände.

Für einen wirksamen und effizienten Schutz von Insekten und Biodiversität insgesamt ist eine hohe Dichte an punktuellen, linearen und flächigen Lebensraum- und Nahrungsangeboten und deren Verknüpfung sowohl in der Kulturlandschaft als auch im urbanen Raum nötig. Patrick Trötschler bringt es auf den Punkt: „Insektenvielfalt braucht mehr Fläche!“

Aus den Ergebnissen der fünfjährigen intensiven Projektarbeit in insgesamt sieben „Insektenfördernden Regionen“ haben die Projektpartner einen Appell formuliert.

Vier zentrale Forderungen an die Politik

  1. Stärkung kooperativer Förderprogramme: Die bestehenden LEADER-Strukturen sollen für eigenständige Biodiversitätsförderprogramme auf Landschaftsebene genutzt werden. Diese ermöglichen maßgeschneiderte regionale Lösungen unter Einbindung von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Kommunen und weiteren Flächennutzenden.
  2. Reform der Agrarförderung: Die aktuellen Fördersätze für Agrarumweltmaßnahmen reichen nicht aus. Gefordert werden deutlich höhere Prämien für Ökosystemleistungen, die Kombination öffentlicher und privater Finanzierung sowie flexiblere Verpflichtungszeiträume mit unkomplizierten Ausstiegsmöglichkeiten.
  3. Verantwortung der Lebensmittelbranche: Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft sollen aktiv in Biodiversität investieren, faire Vergütungsmodelle für biodiversitätsfördernde Produktion schaffen und ihre Anforderungen branchenweit vereinheitlichen. Zudem wird Unterstützung beim Biodiversitätsmonitoring gefordert.
  4. Ausbau von Beratung und Ausbildung: Spezialisierte Biodiversitätsberatung und die Integration des Themas in die landwirtschaftliche Ausbildung sind entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen.
Im EU-Life-Projekt „Insektenfördernde Regionen“ haben die Projektpartner unter anderem mit Landwirt*innen erprobt, wie Insekten mehr Nahrung und Lebensraum zur Verfügung gestellt werden können. Zu dem Bündel an Maßnahmen zählten auch Nützlingsstreifen im Kartoffelanbau. Copyright: Bodensee-Stiftung

Gemeinsame Verantwortung für resiliente Kulturlandschaften

„Die Landwirtschaft kann den Biodiversitätsschutz nicht allein stemmen”, betont das Bündnis. „Es braucht faire Rahmenbedingungen und eine gemeinsame Verantwortung von Politik, Lebensmittelbranche und Gesellschaft. Nur durch einen kooperativen Ansatz auf Landschaftsebene können wir resiliente und vielfältige Kulturlandschaften für die Zukunft sichern.”

Das vollständige Positionspapier steht auf der Projektwebsite von “Insektenfördernde Regionen” zum Download zur Verfügung.

Die Pressemitteilung zum Call for Action zum Download.

Weitere Informationen zum EU-LIFE-Projekt „Insektenfördernde Regionen”:

Das Projekt hat Partner aus Naturschutz, Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie für ein gemeinsames Ziel vereint: den nachhaltigen Schutz von Insekten und Biodiversität von und mit verschiedenen Landnutzern über größere zusammenhängende Flächen hinweg.

In sieben insektenfördernden Regionen wurden regionale Biodiversitäts-Aktions-Pläne erstellt. In jeder Region wurden auf Demonstrationsbetrieben Maßnahmen für den Insektenschutz erprobt. Gleichzeitig wurden Landwirt*innen, Berater*innen und Lebensmittelunternehmen geschult und Verbraucher*innen für das Thema sensibilisiert. Weitere Landwirt*innen wurden motiviert, einen Aktionsplan zur Insektenförderung zu entwickeln und umzusetzen. Im Projekt spielte auch eine Rolle, attraktive Anreize für Landwirte wie auch die (finanzielle) Honorierung des Engagements durch öffentliche Programme und die Lebensmittelbranche zu erwirken. Die in diesem Projekt erarbeiteten Ansätze sind auf weitere Regionen übertragbar.

Die sieben insektenfördernden Regionen: Allgäu, Bliesgau, Bodensee, Hohenlohe, Nördlicher Oberrhein, Wendland sowie der Vinschgau in Südtirol.
Projektpartner: Bodensee-Stiftung (Koordination), Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, Global Nature Fund, Nestlé Deutschland, Netzwerk Blühende Landschaft.
Weitere Informationen auf der Projektwebsite Insektenfördernde Regionen. Das Projekt kurz zusammengefasst im Layman’s Report