Die Bodensee-Stiftung lädt die Radolfzeller*innen zum „Lazy Gardening“ ein und gibt viele Tipps zum einfachen Umstellen der Pflege von Grünflächen. Das Projekt war für die Vergabe eines Bürgerbudgets ausgewählt worden.
Ein weiteres Projekt, das die Radolfzeller für ein Bürgerbudget gewählt haben, startet: Die Bodensee-Stiftung lädt die Bürgerinnen und Bürger dazu ein, für „noch mehr Leben in der Stadt“ zu sorgen, ganz einfach, indem sie die Pflege ihrer Grünflächen umstellen – und erstmal nichts tun. Dieses „Lazy Gardening“-Prinzip bedeutet: weniger mähen, mehr wachsen lassen und dadurch wertvolle Lebensräume für Insekten, Vögel und andere Arten schaffen. Auf der Webseite zum Projekt Lazy Gardening und dem Instagram-Kanal Lazy Gardening Radolfzell (@Lazy_gardening_radolfzell) beginnt die Bodensee-Stiftung zum Start des neuen Jahres damit, Informationen zu veröffentlichen. Das Projekt selbst startet mit der Gartensaison. Dann sind die Radolfzeller*innen dazu aufgerufen, ihren Rasenmäher in den Urlaub zu schicken.
Einfache Maßnahme, große Wirkung
Die Kampagne „No Mow May“/“Mähe nicht im Mai“ ist in vielen Städten bekannt. Im Juni aber sind die Gärtner*innen dann meist auf sich gestellt. Die Bodensee-Stiftung will im Gegensatz dazu die Radolfzeller*innen mit hilfreichen Tipps vor und während der Saison begleiten. „Jede noch so kleine Grünfläche hat eine Wirkung: Es macht einen Unterschied, ob kurzer fettgrüner Rasen den Vorgarten prägt oder Gräser mit Gänseblümchen, Klee oder Margeriten“, sagt Agraringenieurin Sabine Sommer von der Bodensee-Stiftung. Die Blüten versorgen Bienen und Schmetterlinge mit Nektar und Pollen. Außerdem wird der Lebensraum für bodenbrütende Insekten und Raupen geschützt, und die Grasnarbe kann Feuchtigkeit besser speichern, was auch bei Trockenheit hilft. „Zugegeben, für manchen wird der Anblick eine Umgewöhnung bedeuten“, räumt Projektkoordinatorin Gertrud Nußbaum ein. Die Organisation stellt deshalb auch Argumentationshilfen für die „faulen Gärtner“ zur Verfügung, die sich eventuell Vorwürfen von Verwilderung ihrer Flächen stellen müssen.

Das Projekt will Verständnis schaffen und den Austausch unter den Bürger*innen fördern – zwischen Kernstadt und Ortsteilen und zwischen Generationen. Dazu lädt die Bodensee-Stiftung alle Interessierten zu Veranstaltungen ein – vom Info-Vortrag über einen Sensenkurs bis zu Gartenbesuchen. „Auch Schulen oder KiTas können mitmachen“, sagt Dr. Immanuel Schäfer vom Projektteam mit Blick auf deren Grünflächen.
Bürger*innen, die selbst keine Fläche pflegen, können sich dennoch am Projekt beteiligen: Als Bürger-Wissenschaftler*innen können sie zum Beispiel eine städtische Grünfläche auf der Mettnau als Referenzfläche beobachten und dokumentieren, welche Entdeckungen sie gemacht haben. Mit der kostenlosen Smartphone-Anwendung iNaturalist sind Insekten leicht zu bestimmen. Die Bodensee-Stiftung kann die erfassten Insekten und damit die Entwicklung der Fläche auswerten.
Ein Gewinn für Radolfzell – nicht nur für Insekten

Vielen Bürger*innen ist noch das Starkregenereignis vom August in Erinnerung. Wer am Projekt teilnimmt, kann auch bei der Klimawandelanpassung der Stadt mithelfen und vor finanziellen Schäden schützen. Denn: Böden mit artenreichen Wiesenbeständen nehmen Wasser besser auf als Rasenflächen. Weniger Mähen reduziert zudem den Einsatz von Benzin- oder Elektrorasenmähern. Damit verbunden ist eine Reduzierung des CO₂-Ausstoßes und eine Verringerung der Lärmemissionen.
Warum ist Biodiversität wichtig?
Rund ein Drittel der bewerteten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in Deutschland ist laut Faktencheck Artenvielfalt gefährdet, etwa drei Prozent gelten als ausgestorben. Der Verlust der biologischen Vielfalt stellt eine Bedrohung dar, die im Schatten der Klimakrise oft nicht wahrgenommen wird. Dabei sichert biologische Vielfalt wichtige Ökosystemleistungen wie Bestäubung, Reinigung von Wasser, Erhalt der Bodenfruchtbarkeit oder natürliche Schädlingskontrolle.
„Mehr Leben in der Stadt dank ‚lazy gardening‘“ ist ein Gewinnerprojekt des Bürgerbudgets 2025 der Stadt Radolfzell.