Mehr Grün, weniger Hitze: Wie können Siedlungen dank Biodiversität klimaresilient werden?

Partner aus Wissenschaft, Naturschutz, Sozial- und Bauwesen der DACH-Region erarbeiten im Interreg-Projekt „Zukunftsgrün“ Lösungen. Sie werden im Projektzeitraum Maßnahmen und Fortbildungen für Kommunen, Garten- und Landschaftsbau sowie Bürgerinnen und Bürger umsetzen.

Die zurückliegenden Sommer lassen viele spüren, wie sich Hitze insbesondere in Siedlungsräumen staut. Grund dafür sind Beton, Glas, Stahl und Asphalt, also Gebäude und versiegelte Flächen, die die hohen Temperaturen des Tages stärker speichern, nachts aber langsamer abgeben als Grünflächen. Das macht die Herausforderungen für Kommunen umso deutlicher, sich den Klimawandelfolgen zu stellen und Maßnahmen zur Resilienz umzusetzen.

Blick auf ein Firmengebäude, das im Grünen steht. Vor dem Gebäude befinden sich Weiher, Bäume und Wiese
Nicht versiegelte urbane Grünräume – wie hier ein naturnah gestaltetes Firmengelände – können einen Beitrag zur Klimaresilienz von Siedlungen leisten. Copyright: Bodensee-Stiftung

Anpassungen an hohe Temperaturen gehören genauso dazu wie an Starkregenereignisse oder lange Trockenheit. Welche Chancen bietet mehr „Grün“ in bebautem Gelände, um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger und die Lebensqualität in Städten und Gemeinden zu erhalten oder zu steigern? Wie können Biodiversität, Klimaschutz und Klimawandelanpassung gemeinsam gedacht werden? Und ist „Grün“ gleich „biologische Vielfalt“? Das erproben Partner aus Wissenschaft, Bau- und Sozialwesen sowie Naturschutz grenzüberschreitend in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Interreg-Projekt „Zukunftsgrün“. Unter der Projektleitung der Bodensee-Stiftung werden in der knapp vierjährigen Laufzeit in verschiedenen Arbeitspaketen Maßnahmen initiiert, umgesetzt und evaluiert. Die Ergebnisse unterstützen Kommunen, Garten- und Landschaftsbau, Bauwesen, Bürgerinnen und Bürger wie auch Unternehmen, die dank biodiversitätsfördernder Maßnahmen einen Beitrag zur Klimawandelanpassung leisten können.

„Spiel ohne Grenzen“ für Kommunen

Blick in eine städtische Siedlung mit vielen Bäumen, Gründach und begrünten Fassaden
Urbane Grünräume helfen u.a. bei der Reduktion der Hitzebelastung, dem Erhalt der biologischen Vielfalt und der Reinigung der Luft von Schadstoffen. Copyright: Bundesverband GebäudeGrün EV

Zum Auftakt des Projekts laden die Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW und die österreichische pulswerk GmbH Kommunen zum „Spiel ohne Grenzen“ ein. Neben fachlichen Informationen und dem Austausch bei verschiedenen Veranstaltungen und Exkursionen in den kommenden drei Jahren können teilnehmende Städte und Gemeinden rund um den Bodensee in einen freundschaftlichen Zukunftsgrün-Wettbewerb treten, um ihre Siedlungen mit naturbasierten Lösungen zukunftsfit zu gestalten.

Zum Start ist eine unverbindliche Teilnahme an einer länderübergreifenden Exkursion zu Good-Practice-Beispielen möglich (Anmeldung bis 1. September und weitere Informationen).

Projektpartner Stiftung Liebenau: Schutz von vulnerablen Gruppen

Zu den Projektpartnern zählt die Stiftung Liebenau. Für das Sozialunternehmen aus Meckenbeuren mit 112 Standorten in Deutschland, Österreich, Italien, Slowakei und Bulgarien hat Klimawandelanpassung besondere Relevanz, da viele der Bewohnerinnen und Bewohner aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen zu den stark vulnerablen Gruppen zählen. Das Sozialunternehmen hat während der Projektlaufzeit vor, sechs klimawandelangepasste und biodiversitätsfreundliche Pilotstandorte umzusetzen, Trainings für die unternehmenseigenen Gärtnerinnen und Gärtner anzubieten und die Klimawandelanpassung und den Schutz der Biodiversität in das Umweltmanagement der Stiftung zu integrieren.

Häufig unterschätzt: Gründächer

Einen besonderen Stellenwert misst das Projekt Gründächern bei. Für Bauherren werden Materialien und Entscheidungshilfen erarbeitet, darunter zum Beispiel Ökobilanzdaten von Gründächern sowie deren Lebenszyklusanalyse. Die erhobenen Informationen werden in die Datenbank „baubook“ einfließen, die für unterschiedliche Zielgruppen Informationen für die Planung und Umsetzung von nachhaltigen Gebäuden bereithält.
Für Planende und Energieberater*innen werden im Projektzeitraum Informationsmaterial und -veranstaltungen dazu angeboten, wie Biodiversitätsverlust und Klimawandel sich bedingen bzw. wie sich der Schutz von Biodiversität und Klima gegenseitig bereichern. Fachleute aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung sind am 11. Oktober zum Energieautonomiekongress ins Festspielhaus Bregenz eingeladen. Unter anderem bietet das Energieinstitut Vorarlberg während der Veranstaltung Vorträge zum Thema „klimafittes, biodiversitätsförderndes und wirtschaftliches Bauen“ sowie zum Thema Kombination von PV und Gründach an (weitere Informationen zum Energieautonomiekongress und Anmeldung).

Verantwortung von Landschafts- und Gartenbau

Projektmitarbeiter*innen stehen um einen quadratischen Tisch und bearbeiten mit Moderationskarten Themen des Projekts.
Sechs Institutionen aus Wissenschaft, Naturschutz sowie Sozial- und Bauwesen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erarbeiten im Interreg-Projekt „Zukunftsgrün“, wie Maßnahmen zum Schutz von Biodiversität und Klima zur Resilienz von Siedlungen beitragen können. Copyright: Bodensee-Stiftung

Mitarbeiter*innen von Landschafts- und Gartenbau wie auch von Bauhöfen kommt eine besondere Verantwortung zu, können sie doch Kundschaft und Kommunen bei der Gestaltung ihrer Grünflächen kompetent beraten. Das Projekt sieht deshalb Austausch- und Weiterbildungsmöglichkeiten für die Branche vor. Ganz konkret soll ein „Gärtner-Kollektiv“ im September auf Einladung des BUND Naturerlebniszentrums Allgäu (NEZ) in Sonthofen Möglichkeiten testen und zeigen können. Das NEZ plant, an zwei öffentlich gut zugänglichen Standorten unter Mitwirkung von Blühbotschafter*innen und lokalen Akteuren Pilotmaßnahmen für die Förderung von Biodiversität und Klimawandelanpassung durchzuführen und zu dokumentieren. Die Gestaltungsmaßnahmen bilden den Rahmen für zwei Zukunftsgrün-Projektwochen mit einem abwechslungsreichen Programm aus Mitmachworkshops, Fortbildungen, Fachvorträgen und weiteren Veranstaltungen wie z. B. einer Saatguttauschbörse. Die Pilotstandorte werden auch nach der Fertigstellung für entsprechende Bildungsmaßnahmen genutzt werden.

Klimahelfer Stadtbäume und Einsatz für Blühflächen

Gruppenfoto der Projektmitarbeiter*innen am Bodensee.
Mitarbeiter*innen der Projektpartner des Interreg-Projekts-Zukunftsgrün beim Auftakttreffen in Friedrichshafen. Copyright: Bodensee-Stiftung

Und auch Bürger*innen können sich im Laufe des Projekts einbringen und einen Beitrag zur Klimawandelanpassung ihres Wohnortes leisten. So wird eine „Stadtbaumkampagne“ die Leistung von Bäumen verdeutlichen und zur Pflege der wertvollen Klima-Regulierer aufrufen. Neben vielen weiteren Fähigkeiten haben die Straßen- und Stadtbäume einen erheblichen Einfluss auf die Temperatur ihrer Umgebung und somit auf das Mikroklima in Siedlungen. Blühbotschafter*innen, von Bodensee-Stiftung und NEZ geschulte Ehrenamtliche, die in ihrem Umfeld für biodiversitätsfördernde Maßnahmen werben, erhalten Weiterbildungen zu klimawandelangepassten Blühpflanzen. Auch werden Organisationen geschult, die selbst Blühbotschafterkurse anbieten möchten.

Weitere Informationen zum Projekt Zukunftsgrün