Eine neue App hilft dem Agrarsektor, die Auswirkungen des Klimawandels zu mindern

Das LIFE-AgriAdapt-Team hat mit Copernicus, dem Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union, zusammengearbeitet, um die potenzielle Nutzung der Daten des Climate Change Service (C3S) für die Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel zu demonstrieren

Copyright: Bodensee-Stiftung

Die Landwirtschaft ist weltweit der am stärksten vom Klimawandel betroffene Wirtschaftssektor. Zu erkennen welchen Risiken der Klimawandel mit sich bringt und wie sich das Klima in der nahen Zukunft auf bestimmte Kulturen auswirken wird, ist ein Weg um mögliche negative Folgen zu minimieren.

Zu diesem Zweck hat das LIFE-AgriAdapt-Team mit Copernicus zusammengearbeitet und vorhanden Daten des Climate Change Service (C3S) an die Endnutzer angepasst. Ziel war es die Daten so aufzubereiten, dass landwirtschaftliche Akteure diese nutzen können um Klimaprojektionen auf lokaler wie auch auf globaler Ebene zu interpretieren.

Die neue C3S-Anwendung: “Agroclimatic indicators explorer for Europe from 1979 to 2100“, bietet ein einfach zu bedienendes interaktives Werkzeug, welches Schlüsselindikatoren für die Zukunft visualisiert und leicht verständliche Grafiken mit Klimatrends liefert.  So wird zum Beispiel gezeigt, welche Risiken es in naher Zukunft an einem bestimmten Ort in Europa für Getreidekulturen geben könnte (Risiko vor Hitzestress). Dies erfordert eine hohe geografische Auflösung, die Einbeziehung spezifischer Parameter (agroklimatische Indikatoren, die an die verschiedenen landwirtschaftlichen Sektoren und Kulturen angepasst sind), die Gruppierung von Daten nach bestimmten zeitlichen Horizonten und eine flexible Definition der Variablen (Möglichkeit der Auswahl des Schwellenwerts und des Anwendungszeitraums je nach den Bedürfnissen und dem Standort der Betriebe).

Die Plattform bietet einen Benutzerleitfaden, der Hintergrundinformationen über die von dieser Anwendung verwendeten Datensätze, ihre Funktionalität und die angewandte Methodik enthält.

Europaweite Informationen für die Landwirtschaft

Die kostenlose und zugängliche C3S-Anwendung “Agroclimatic indicators explorer for Europe from 1979 to 2100” basiert auf der Berechnung von klimatischen und agroklimatischen Indikatoren, die aus den Daten der Oberflächenlufttemperatur und des Niederschlags aus den Copernicus-Datensätzen abgeleitet werden (die verzerrungskorrigierten CORDEX-Klimaprojektionen und die ERA5-Land-Reanalyse).

Historische Daten: Es werden Klimadaten (ERA5 Land) für den Zeitraum 1981 bis heute (Jahr 2021) bereitgestellt. Eine weitere Komponente dieser neuen Anwendung ist die Darstellung der Anomalien für historische Daten.

Die CORDEX-Daten für Klimaprojektionen, die in der aktuellen CDS-Anwendung verwendet werden, haben auch ein feines Raster (0,25° x 0,25° in Breiten- und Längengraden), was einen regionaleren Ansatz ermöglicht und zu einer besseren Akzeptanz bei den Endnutzenden führt. Die für die Projektionen verwendeten Klimadaten beruhen auf den neueren RCP-Szenarien, hier wird ein Multi-Modell-Ansatz genommen und zwei RCPs verwendet. Dies ermöglicht eine größere Robustheit der Daten, eine bessere Darstellung der Unsicherheiten in den Klimaprojektionsdaten und ist hilfreich, um die Landwirt*innen zu sensibilisieren. Die Abbildungen der agroklimatischen Indikatoren berücksichtigen zwei Zeithorizonte: 2050 (nahe Zukunft) und 2100 (ferne Zukunft).

In der aktuellen Anwendung sind 6 agroklimatische Indikatoren (Hitzestress, Durchschnittstemperatur, Niederschlag, Frosttage, Tage über 25°C, Datum des letzten Frühlingsfrostes) verfügbar, und sowohl das Szenario als auch der Zeitrahmen können für verschiedene geografische Standorte in ganz Europa ausgewählt werden. Besonders hervorzuheben ist die neue Funktion, die es dem Nutzenden ermöglicht, für jede Variable den am besten geeigneten Zeitrahmen zu wählen. Dies ist für den Agrarsektor relevant, da der Vegetationsverlauf regional sehr unterschiedlich ist. Drei Graphiken, die historischen Klimadaten, die historischen Anomalien und die Klimaprojektionen der Variablen werden angezeigt. Wenn man auf die Karte klickt und einen Punkt festlegt, werden die Klimadaten für diesen Ort (Raster) angezeigt.

Diese Anwendung ist die Weiterentwicklung des EU-LIFE-Projekts “AgriAdapt – sustainable adaptation of European farming systems to climate change“, das von der Europäischen Kommission gefördert wurde und an dem die Partner (Estonian University of Life Sciences, Fundación Global Nature, Bodensee-Stiftung und Solagro) von 2016 bis 2020 beteiligt waren. In diesem Projekt wurde das AWA-Tool entwickelt, um für das Thema Klimawandel in der Landwirtschaft zu sensibilisieren, Informationen über die Entwicklungen von für die Landwirtschaft relevanten Indikatoren (agroklimatische Indikatoren) zu geben und nachhaltige Anpassungsmaßnahmen vorzuschlagen. Die neu entwickelte Anwendung bei Copernicus bietet eine gute Komplementarität mit AWA und es ist damit möglich Projektionen für ganz Europa für die 6 agroklimatischen Indikatoren durchzuführen.

Diese neue Anwendung, mit der damit verbundenen wissenschaftlichen Korrektheit, kann zu einer Erleichterung der Anpassung an den Klimawandel in der Landwirtschaft führen.

COPERNICUS ist das Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union, dass sich mit unserem Planeten und seiner Umwelt zum größtmöglichen Nutzen aller europäischen Bürger befasst. Es bietet Informationsdienste auf der Grundlage von satellitengestützter Erdbeobachtung und In-situ-Daten (Nicht-Weltraumdaten) an.
Das Programm wird von der Europäischen Kommission koordiniert und verwaltet. Es wird in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten, der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), der Europäischen Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT), dem Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen (ECMWF), den EU-Agenturen und Mercator Océan umgesetzt.
LIFE AgriAdapt ist ein durch das LIFE Programm der Europäischen Kommission gefördertes Projekt. Das Projekt setzt sich für eine nachhaltige Landwirtschaft in ganz Europa ein und wurde durch die Bodensee-Stiftung (Deutschland), die Estonian University of Life Sciences (Estland), Fundación Global Nature (Spanien) und Solagro (Frankreich) durchgeführt.